"Die Würfel sind gefallen: Mit Wirkung vom 1. Juli 1969 werden Stadt Königswinter und die Gemeinden Ittenbach, Heisterbachrerrott, Oberdollendorf, Niederdollendorf, Oberpleis, Stieldorf (ohne Birlinghoven und Hoholz) in eine neue amtsfreien Gemeinde zusammengeschlossen: Die Gemeinde erhält den Namen Königswinter und führt die Bezeichnung 'Stadt'.
Am Dienstag dem 13. Mai 1969, 13.04 Uhr, schlug die Geburtsstunde der neuen Stadt Königswinter, als der Landtag von Nordrhein-Westfalen mit den Stimmen der Regierungsparteien SPD und FDP Stimmen und der CDU-Opposition das 'Gesetz zur kommunalen Neugliederung des Raumes Bonn' in dritter Lesung verabschiedete. Königswinter wird mit seinen 31 000 Einwohnern dem neuen Rhein-Sieg-Kreis angehören, der aus den alten Siegkreis und dem Restgebiet des früheren Landkreises Bonn hervorgeht. Sitz der Kreisverwaltung bleibt Siegburg. Die neue Stadt Königswinter reicht vom Rheintal über das Siebengebirge hinweg bis zur östlichen Grenze des Pleiser Hügellandes. Im Norden grenzt sie an die neue Stadt Bonn und an die Gemeinde St. Augustin, im Osten an die neue Gemeinde Hennef. Im Süden an die neue Stadt Bad Honnef und im Westen — getrennt durch den Rhein — an die neue Stadt Bonn. Während der Westen der neuen Gemeinde mit den im Rheintal gelegenen Orten Oberdollendorf sowie der Norden mit Stieldorf in die Ballungsrandzone fällt, rechnet der östliche Bereich der neuen Gemeinde zur ländlichen Zone.
Die bisherige Stadt Königswinter fußt wirtschaftlich stark auf dem Fremdenverkehr.
Das Naturschutzgebiet Siebengebirge schränkt eine Bebauung in den Talgemeinden auf einen schmalen Gebietsstreifen ein. Die Talorte sind gut mit Versorgungseinrichtungen ausgestattet. Die Bergortschaften sind vor allem Wohngebiete. Einen wertvollen Zweig bilden Gartenbaubetriebe. Die Siedlungsreserven des Pleiser Hügellandes sollen zugunsten der Talgebiete gestutzt werden. Die Finanzkraft des Bergbereichs soll dagegen durch die Wirtschaft im Rheintal begünstigt werden. Wichtig ist auch, das Siebengebirgsmassiv durch gute Verkehrsverbindungen zwischen Berg und Tal zu überwinden. Die neue Stadt in Zahlen Auf einer Fläche von 76,26 qkm leben in der neuen Stadt Köniswinter etwa 31 000 Menschen: Bereits am Juni 1967 waren hier 30062 Einwohner registriert worden. Daraus ergab sich eine Bevölkerungsdichte von 394 Einwohnern je qkm. Den größten Stadtteil bildet die Gemeinde Oberpleis mit 8 300 Einwohnern. (Diese und die nachfolgenden Zahlen beruhen auf dem Stand 30. 6. 1967 und entsprechen nicht der momentanen Einwohnerzahl. So hatte Oberpleis z. B. am 30. 4. 1969. bereits 9 165 Einwohner). Der Gemeinde Oberpleis folgen der Größe nach geordnet: Alt-Königswinter (6 000), Oberdollendorf (4800), Stieldorf (3 800), Niederdollendorf (3 100), Ittenbach (2.500) und Heisterbacherrott (1300).
Am 30. 06. 1967 waren im Stadtgebiet 15 Volksschulen, je eine Realschule in Oberpieis und Königswinter und ein Gymnasium in Königswinter vorhanden. Indessen hat sich die Zahl der Volksschulen, die sich in Gund- und Hauptschulen gliedern, verändert. Ein Gymnasium wird im Sommer in Oberpleis eingerichtet. Freibäder haben nur die Orte Oberpleis und Königswinter, während im Stadtgebiet jetzt 11 Sportplätze und 7 Turnhallen stehen. Neben sieben Kindergärten und 14 öffentlichen Büchereien hat Neu-Königswinter nur 1 Krankenhaus und eine Gemeindepflegestation. 1130 Personen waren in der Land- und Forstwirtschaft bzw. in der Fischerei tätig, in der Energiewirtschaft, im verarbeitenden und im Baugewerbe und 5337 im Dienstleistungsbereich. Den höchsten Anteil an Beschäftigten in Land- und Forstwirtschaft hat Stieldorf (20,9 %) vor Oberpleis mit 17,2 %. Die Zahl der Auspendler der neuen Gemeinde betrug Mitte 1967 insgesamt 5 471, die Zahl der Einpendler 3540. In 70 industriellen Arbeitsstätten sind etwa 5700 Personen beschäftigt.
Vorstellungen unserer Gemeindeparlamente vor dem 13. Mai 1969.
Die Räte der betroffenen Gemeinden hatten der Vergangenheit ausreichend Gelegenheit, ihre Vorschläge zur kommunalen Neuordnung zu unterbreiten. Eine einhellige Meinung im Siebengebirgsraum hat sich dabei leider nicht gebildet:
Köngswinter lehnte die Siebengebirgsgemeinde ab; sie solle in eine Berg und eine Talgemeinde aufgeteilt werden.
Ittenbach verwies auf die strukturellen Unterschiede Zwischen Berg- und Talgemeinden und strebte den Zuammenschluß mit Oberpleia an. Niederdollendorf befürwortete den Zusammenschluß der drei Talgemeinden sprach sich für eine Einbeziehung in den engerem Raum Bonn aus.
Oberdollendorf stimmte der neuen Stadt Königswinter zu unter der Voraussetzung, dass ihr Umfang unter Berücksichtigung der Bedeutung des Ortes Oberpleis erneut abgegrenzt werde. Heisterbacherrott war die einzige Gemeinde, deren Rat einstimmig den Regierungsentwurf unterstützte.
Oberpleis war stets gegen den Zusammenschluß von Berg- und Talgemeinden strebte die Bildung einer Berggemeinde an.
Stieldorf wünschte eine großräumigere Lösung, indem es sich für den Zusammenschluß mit der Stadt Beuel und der Gemeinde Oberkassel aussprach.
Gerade aber in dieser Vielzahl spiegelt sich die Aktivität, der unermüdliche Fleiß und eine große Beharrlichkeit aller Gemeindevertreter wider. Ihnen allen, die nach bestem Wissen und Gewissen Ihre Pflichten zum Wohle ihrer Gemeinden erfüllt haben, gebührt in dieser Stunde der Dank all derer, für die sie ehrenamtlich tätig waren.
Darüber sollte aber nicht verkannt werden, dass die Verabschiedung des Raumordnungsgesetzes nicht als Schlußstrich zu sehen ist, vielmehr sollte damit der Startschuß für eine neue städtische Zukunft gegeben werden. Jetzt gilt es, nicht mehr den Blick zurück auf das, was schon Geschichte geworden ist, zu lenken, sondern nach vorn, denn die Zukunft hat bereits begonnen. Diese Zukunft zu meistern, sollte unser aller Aufgabe und Verpflichtung sein.
Neuwahl des Stadtrates
Eine krasse Zäsur wird der 1. Juli für die Stadt-, Amts- und Gemeinderäte bringen. Alle diese Vertretungen werden mit Inkrafttreten des Neuordnlungsgesetzes aufgelöst. 7 Bürgermeister verlieren am Tag 'X' ihre Ämter. Ein kommissarischer Beauftragter wird zusammen mit dem kommissarischen Verwaltungschef die ersten Geschäfte der neuen Stadt besorgen. Zur Unterstützung ihrer Arbeit sollen die beiden Kommissare einen Beirat bilden. Am 9. November schließlich wird die Bürgerschaft der neuen Stadt Königswinter ihren ersten Stadtrat wählen können. Das Stadtgebiet muß in 18 Wahlkreise aufgeteilt werden. Aus den Reservelisten werden mindestens 19 Vertreter so dass der Rat der Stadt Königswinter mindestens 37 Sitze haben wird.
In den bisherigen 7 Gemeinden wurden bei den letzten Kummunalwahlen insgesamt 20 279 gültige Stimmen abgegeben, diese verteilten sich auf die einzelnen Parteien wie folgt: CDU 8 843, SPD 4373, FDP 2 708, freie Wählergemeinschaften 4 351. In den 7 Gemeinderäten waren 115 Sitze zu besetzen. Davon erhielten die CDU 53, die SPD 25, die FDP 15 und die freien Wählergemeinschaften 22 Sitze.
Eine Fehlentscheidung oder eine glückliche Lösung?
'Die Schlacht ist geschlagen - Raumordnung Gesetz', so stand es zu lesen in einer namhaften Tageszeitung — und wahrhaftig, kaum ein anderes Gesetz der letzten Jahrzehnte hat soviel 'Staub aufgewirbelt' wie das zur kommunalen Neugliederung der Region Bonn. Verständlicherweise interessiert uns hierbei der neue 'Rhein-Sieg-Kreis' und von diesem wiederum nur ein Teil: die neue Stadt Königswinter.
'Die Schlacht ist geschlagen', das gilt auch für dieses, und gerade einen jeden von uns betreffende Gebiet. Hier in und am Siebengebirge wurde in den letzten Jahren heftig gekämpft, gerungen und gefochten. Es wäre müßig an dieser Stelle wieder einmal dieses oder jenes Argument für oder wider eine Großraumlösung anzuführen —, die Entscheidung ist 'höheren Orts' gefallen und die 'Suppe' muß an Ort und Stelle 'ausgelöffelt' werden. Jetzt gilt es, aus der Not eine Tugend zu machen.
Vielleicht war die Lösung des Landtages gar nicht einmal so unglücklich?!
Man muß sich jedoch fragen, ob jeder einzelne Landtagsabgeordneter bei der Abstimmung zur Neugliederung unseres Raumes wirklich die krassen Gegensätze zwischen „Land und Leuten“ kannte, und ob er die verschiedenartige Mentalität des einzelnen Bürgers berücksichtigt hat?
Eine Gebietsreform war zwingend das Gebot der Stunde, aber Neuordnen um jeden Preis erscheint mir keine besonders glückliche Lösung. Nun, wir müssen uns mit den gegebenen Realitäten abfinden und hoffen auf eine bessere Zukunft, denn nur das wollte doch der Gesetzgeber erreichen. Wie aber wird diese Zukunft aussehen? Wird es ein ständiges Gegeneinander zwischen Tal- und Bergbewohnern, zwischen Einwohnern rein ländlicher und rein städtischer Gebiete geben? Wie wird der neu zu wählende Stadtrat arbeiten können? Wird nicht traditionsgebundenes Denken das Handeln unserer neuen Gemeindeväter mitbestimmen? Mir will scheinen, dass hier die 'Schlacht' erst noch 'geschlagen' werden muß.
Eines steht jedenfalls fest, ob das Gesetz zur kommunalen Neugliederung des Raumes Bonn eine Fehlentscheidung oder eine glückliche Lösung war, bleibt abzuwarten und wird sich sicherlich erst in Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, herausstellen.
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